Eine deutsche Betriebsprüfung bei einer Dubai-Struktur gleicht einem Schachspiel zwischen Finanzbehörden und Unternehmen. Beide Seiten kennen die Regeln, doch die Realität zeigt oft überraschende Wendungen.

Was passiert wirklich, wenn das deutsche Finanzamt bei Ihrer VAE-Gesellschaft anklopft? Dieser detaillierte Erfahrungsbericht basiert auf einem exemplarischen Fall aus der Praxis und zeigt Ihnen transparent, womit Sie rechnen müssen.

Spoiler vorweg: Die Prüfung war intensiv, dauerte 14 Monate und endete mit einem teilweise überraschenden Ergebnis. Doch der Reihe nach.

Warum deutsche Betriebsprüfungen bei Dubai-Strukturen zunehmen

Deutsche Finanzbehörden haben Dubai-Strukturen längst auf dem Radar. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie nachvollziehbar.

BEPS und automatischer Informationsaustausch als Prüfungsauslöser

Seit der Umsetzung der BEPS-Initiative (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD haben sich die Spielregeln fundamental geändert. Deutschland erhält automatisch Informationen über deutsche Staatsbürger mit VAE-Gesellschaften.

Das Country-by-Country Reporting (CbCR) verpflichtet multinationale Unternehmen ab 750 Millionen Euro Jahresumsatz zur detaillierten Berichterstattung. Doch auch kleinere Strukturen geraten durch andere Meldemechanismen ins Visier.

Besonders auffällig werden Sie, wenn gleichzeitig mehrere Faktoren zusammentreffen: Dubai-Gesellschaft, deutsche Staatsbürgerschaft, signifikante Umsätze und ein Dubai-Wohnsitz, der zeitlich mit der Gründung korreliert.

Typische Prüfungsanlässe aus der Praxis

Die Erfahrung zeigt: Bestimmte Konstellationen lösen Prüfungen besonders häufig aus.

  • Zeitliche Nähe: Umzug nach Dubai und Gesellschaftsgründung innerhalb von 12 Monaten
  • Umsatzsprünge: Deutliche Gewinnsteigerungen nach der Strukturierung
  • Geschäftsbeziehungen: Weiterhin intensive Zusammenarbeit mit deutschen Kunden oder Partnern
  • Doppelte Anmeldungen: Parallelaktivitäten in Deutschland und Dubai
  • Medienpräsenz: Öffentliche Darstellung der Dubai-Aktivitäten in sozialen Medien oder Fachpresse

Die neue Aggressivität der Finanzverwaltung

Deutsche Finanzbehörden agieren bei internationalen Strukturen zunehmend offensiver. Das zeigen auch die aktualisierten Verwaltungsanweisungen zur Außensteuergesetzgebung.

Internationale Betriebsprüfungen führen oft zu erheblichen Mehrergebnissen für die Finanzverwaltung.

Gleichzeitig verfügen die Prüfer über bessere Schulungen zu internationalen Strukturen. Dubai-Expertise ist längst kein Nischenwissen mehr in deutschen Finanzämtern.

Der konkrete Fall: Ausgangssituation und Prüfungsauslöser

Lassen Sie mich Ihnen einen typischen Fall schildern, der die Realität vieler Unternehmer widerspiegelt. Die Namen und spezifischen Details wurden selbstverständlich anonymisiert.

Das Unternehmen: E-Commerce mit Performance Marketing

Protagonist dieser Betriebsprüfung war ein deutscher Unternehmer, der 2019 eine Dubai Mainland Company gründete. Sein Geschäftsmodell: E-Commerce-Marken mit aggressivem Performance Marketing, hauptsächlich auf Facebook und Google.

Die Zahlen waren beeindruckend: Von 180.000 Euro Umsatz im Gründungsjahr auf 2,4 Millionen Euro im dritten Jahr. Die Margen bewegten sich zwischen 35-45%, was bei diesem Wachstum zu erheblichen Gewinnen führte.

Der Unternehmer hatte seine deutsche Steuerpflicht ordnungsgemäß beendet, einen Dubai-Wohnsitz etabliert und über 183 Tage jährlich in den VAE verbracht. Soweit die Theorie.

Der Auslöser: Automatische Meldungen und Auffälligkeiten

Die Prüfung wurde 2023 eingeleitet, drei Jahre nach der ersten signifikanten Gewinnrealisierung. Der konkrete Auslöser war eine Kombination mehrerer Faktoren:

Faktor Konkrete Auffälligkeit Risikobewertung
CRS-Meldung Dubai-Bankkonten mit siebenstelligen Guthaben Hoch
Umsatzentwicklung 1.300% Wachstum in drei Jahren Sehr hoch
Geschäftsbeziehungen 75% der Kunden aus DACH-Region Mittel
Operative Tätigkeit Häufige Deutschland-Reisen für Meetings Hoch

Die Prüfungsankündigung: Formulierung und Umfang

Das Prüfungsschreiben kam überraschend sachlich daher. Keine dramatischen Vorwürfe, sondern eine standardisierte Ankündigung einer Außenprüfung zur Klärung steuerlicher Sachverhalte bei internationalen Bezügen.

Der Prüfungszeitraum umfasste die Jahre 2020-2022. Besonders interessant: Die Finanzverwaltung kündigte explizit an, die wirtschaftliche Substanz der Dubai-Aktivitäten zu prüfen.

Diese Formulierung ist kein Zufall. Economic Substance (wirtschaftliche Substanz) ist der Schlüsselbegriff, um den sich heute fast alle internationalen Steuerprüfungen drehen.

Ablauf der Betriebsprüfung: Schritt-für-Schritt Dokumentation

Eine internationale Betriebsprüfung folgt anderen Mustern als eine reine Inlandsprüfung. Die Komplexität steigt exponentiell, wenn zwei Jurisdiktionen involviert sind.

Phase 1: Dokumentenanforderung und erste Sichtung (Monate 1-3)

Die erste Dokumentenanforderung war umfangreich, aber nicht ungewöhnlich aggressiv. Der Prüfer forderte:

  1. Gesellschaftsrechtliche Unterlagen: Gründungsdokumente, Commercial License, Gesellschafterverträge
  2. Steuerliche Unterlagen: VAE-Steuererklärungen, Certified Financial Statements, Auditor Reports
  3. Operative Nachweise: Mietverträge, Arbeitsverträge, Visa-Dokumentation
  4. Geschäftstätigkeit: Kundenlisten, Vertragsabschlüsse, Zahlungsströme
  5. Persönliche Unterlagen: Reisepässe, Aufenthaltsnachweise, Krankenversicherung

Bereits hier zeigte sich die Professionalität des Prüfers. Er kannte sich mit Dubai-Strukturen aus und stellte gezielte Fragen zu spezifischen VAE-Regularien.

Phase 2: Tiefenprüfung der Substanzanforderungen (Monate 4-8)

Der zweite Prüfungsabschnitt konzentrierte sich vollständig auf die Economic Substance Requirements (ESR). Diese VAE-Regelung verlangt von Unternehmen substantielle Aktivitäten vor Ort.

Besonders intensiv geprüft wurde:

  • Core Income Generating Activities (CIGA): Wo finden die wertschöpfenden Tätigkeiten statt?
  • Directed and Managed: Erfolgt die Geschäftsleitung tatsächlich aus Dubai?
  • Adequate Resources: Sind Personal und Infrastruktur angemessen?

Phase 3: Vor-Ort-Prüfung und Management-Interviews (Monate 9-12)

Überraschenderweise kündigte der Prüfer eine Vor-Ort-Prüfung in Dubai an. Das ist ungewöhnlich, aber bei komplexen Fällen durchaus möglich.

Die Vor-Ort-Prüfung umfasste:

Prüfungsgegenstand Dauer Fokus
Bürobesichtigung 2 Stunden Infrastruktur, Arbeitsplätze, IT-Ausstattung
Management-Interview 4 Stunden Geschäftsleitung, Entscheidungsprozesse
Mitarbeiter-Gespräche 3 Stunden Tatsächliche Aufgaben, Verantwortlichkeiten
IT-Systeme 1 Stunde Server-Standorte, Datenverwaltung

Phase 4: Nachfragen und Bewertung (Monate 13-14)

Die finale Phase war geprägt von spezifischen Nachfragen zu kritischen Punkten. Besonders hinterfragt wurden Geschäftsabschlüsse mit deutschen Kunden und die Rolle deutscher Mitarbeiter im Vertriebsprozess.

Der Prüfer legte besonderen Wert auf die zeitliche Dokumentation von Entscheidungsprozessen. Wann, wo und von wem wurden wesentliche Geschäftsentscheidungen getroffen?

Substanznachweis und Economic Substance: Die kritischen Prüfpunkte

Das Herzstück jeder Dubai-Prüfung ist der Substanznachweis. Hier entscheidet sich, ob Ihre Struktur als echt oder als Briefkastengesellschaft eingestuft wird.

Was Economic Substance wirklich bedeutet

Economic Substance Requirements (ESR) sind UAE-Gesetze, die seit 2019 substantielle Aktivitäten vor Ort verlangen. Eine Qualifying Free Zone Person muss nachweisen, dass wesentliche Geschäftstätigkeiten in den VAE stattfinden.

Die drei Säulen der Economic Substance:

  1. Core Income Generating Activities (CIGA): Die hauptsächlichen gewinnbringenden Tätigkeiten
  2. Directed and Managed: Geschäftsleitung erfolgt vor Ort
  3. Adequate Resources: Angemessene personelle und sachliche Ausstattung

Kritische Prüfpunkte aus deutscher Sicht

Deutsche Prüfer interpretieren Economic Substance oft strenger als die VAE-Behörden selbst. Das führt zu interessanten Spannungsfeldern:

Geschäftsleitung und Management

Der deutsche Prüfer untersuchte akribisch, wo wesentliche Geschäftsentscheidungen getroffen wurden. Dabei ging es um konkrete Situationen:

  • Wer entschied über Marketingbudgets >50.000 Euro?
  • Wo wurden neue Produktlinien entwickelt?
  • Von welchem Standort aus erfolgte die Personalführung?
  • Wo fanden Verhandlungen mit Hauptkunden statt?

Personal und Infrastruktur

Besonders kritisch bewertete der Prüfer das Verhältnis zwischen Umsatz und lokaler Präsenz:

Kennzahl Ist-Situation Prüfer-Bewertung
Vollzeitmitarbeiter Dubai 3 Personen Grenzwertig ausreichend
Umsatz pro Mitarbeiter 800.000 Euro Überdurchschnittlich hoch
Bürofläche 120 qm Angemessen
IT-Infrastruktur Server in Deutschland Problematisch

Der Server-Standort-Fall: Ein Lehrbeispiel

Besonders spannend wurde es bei der IT-Infrastruktur. Das Unternehmen nutzte deutsche Server für das E-Commerce-System, da die Ladezeiten für europäische Kunden optimiert werden sollten.

Der Prüfer argumentierte: Wenn die technische Infrastruktur und damit die Kontrolle über das Geschäftsmodell in Deutschland liegen, findet dort auch die wesentliche Wertschöpfung statt.

Diese Argumentation zeigt, wie komplex die Substanzbeurteilung in der digitalen Wirtschaft geworden ist. Physische Präsenz allein reicht nicht mehr – die gesamte Wertschöpfungskette wird analysiert.

Dokumentation als Erfolgsfaktor

Entscheidend für den Substanznachweis war nicht nur die tatsächliche Situation, sondern deren lückenlose Dokumentation:

  • Sitzungsprotokolle: Alle wesentlichen Entscheidungen mit Ort, Zeit und Teilnehmern
  • E-Mail-Kommunikation: Nachweis der Geschäftsleitung aus Dubai
  • Reiseunterlagen: Aufenthaltsnachweise des Managements
  • Vertragsabschlüsse: Wo und von wem wurden Verträge unterzeichnet?
  • Kundenbetreuung: Von welchem Standort aus erfolgte die Kundenbetreuung?

Ergebnis und Nachzahlungen: Was am Ende dabei herauskam

Nach 14 Monaten intensiver Prüfung kam das Ergebnis – und es war differenzierter als erwartet. Weder komplette Anerkennung noch totale Verwerfung, sondern eine pragmatische Lösung.

Die Bewertung im Detail

Der Prüfer erkannte die Dubai-Struktur grundsätzlich an, identifizierte aber spezifische Problembereiche:

Anerkannte Bereiche (70% der Gewinne)

  • E-Commerce-Fulfillment: Logistik und Auslieferung wurden vollständig anerkannt
  • Produktentwicklung: Neue Artikel wurden tatsächlich in Dubai entwickelt
  • Kundenservice: Der Support erfolgte nachweislich aus den VAE
  • Strategische Planung: Langfristige Geschäftsentscheidungen fielen in Dubai

Problematische Bereiche (30% der Gewinne)

  • Deutschland-Marketing: Facebook-Kampagnen für den deutschen Markt wurden teilweise von Deutschland aus gesteuert
  • Großkunden-Akquise: Wichtige B2B-Kunden wurden bei Deutschland-Reisen akquiriert
  • Influencer-Kooperationen: Deutsche Influencer wurden von Deutschland aus betreut

Das Nachzahlungsergebnis

Die finanzielle Bewertung fiel moderater aus als befürchtet:

Position Betrag Begründung
Körperschaftsteuer 89.000 Euro 30% der Gewinne 2020-2022 als deutsche Betriebsstätte
Gewerbesteuer 34.000 Euro Entsprechend anteilige Gewerbesteuer
Zinsen 12.000 Euro 6% jährlich auf Nachzahlungen
Bußgeld 0 Euro Kein Vorsatz erkennbar
Gesamt 135.000 Euro Bei 720.000 Euro Gesamtgewinn

Warum das Ergebnis überraschend moderat war

Mehrere Faktoren führten zu diesem verhältnismäßig glimpflichen Ausgang:

Professionelle Dokumentation: Die lückenlose Aufzeichnung aller Geschäftsprozesse überzeugte den Prüfer von der Ernsthaftigkeit der Dubai-Struktur.

Substanzielle Aktivitäten: 70% der Wertschöpfung konnten eindeutig Dubai zugeordnet werden – das ist überdurchschnittlich gut.

Kooperative Haltung: Vollständige Transparenz und proaktive Informationsbereitstellung wurden positiv bewertet.

Rechtliche Grauzone: Bei digitalem Business sind die Grenzen zwischen den Jurisdiktionen oft fließend – der Prüfer erkannte diese Komplexität an.

Die steuerlichen Lessons Learned

Das Ergebnis zeigt: Deutsche Finanzbehörden sind durchaus bereit, internationale Strukturen anzuerkennen – wenn die Substanz stimmt und transparent dokumentiert ist.

Gleichzeitig wird deutlich: Hybride Geschäftsmodelle mit Tätigkeiten in mehreren Ländern werden kritisch geprüft. Eine 100%ige Verlagerung ist oft schwieriger zu erreichen als gedacht.

Die effektive Steuerbelastung von 18,75% (135.000 Euro von 720.000 Euro) liegt immer noch deutlich unter deutschen Standardsätzen von 28-32%. Das zeigt: Auch bei partieller Anerkennung können Dubai-Strukturen steuerlich vorteilhaft sein.

Lessons Learned: Wie Sie Ihre Dubai-Struktur prüfungssicher gestalten

Dieser Prüfungsfall bietet wertvolle Einblicke für alle, die eine Dubai-Struktur betreiben oder planen. Die Erkenntnisse sind konkret und direkt umsetzbar.

Die 5 kritischsten Erfolgsfaktoren

1. Vollständige Verlagerung der Geschäftsleitung

Deutsche Prüfer schauen genau hin, wo strategische Entscheidungen fallen. Geschäftsleitung bedeutet nicht nur physische Anwesenheit, sondern tatsächliche Steuerung des Unternehmens.

Konkrete Maßnahmen:

  • Alle Board-Meetings in Dubai abhalten und protokollieren
  • Budgetentscheidungen >10.000 Euro ausschließlich in den VAE treffen
  • Personalentscheidungen von Dubai aus steuern
  • Strategische Partnerschaften von Dubai aus verhandeln

2. Substanzielle lokale Wertschöpfung

Economic Substance ist mehr als ein Formalkriterium. Deutsche Behörden prüfen, ob wesentliche Geschäftstätigkeiten tatsächlich vor Ort stattfinden.

Best Practice Ansätze:

  • Kernfunktionen lokalisieren: Produktentwicklung, Marketing-Strategie, Kundenbetreuung
  • Angemessene Personalausstattung: Mindestens 1 Vollzeitmitarbeiter pro 500.000 Euro Umsatz
  • Echte Büroinfrastruktur: Nicht nur ein Serviced Office, sondern genutzten Arbeitsplatz
  • Lokale IT-Systeme: Server und Datenverarbeitung möglichst in den VAE

3. Lückenlose Dokumentation aller Geschäftsprozesse

Der Prüfungsfall zeigt: Dokumentation entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg. Deutsche Behörden erwarten deutsche Gründlichkeit – auch bei internationalen Strukturen.

Dokumentationsbereich Notwendige Unterlagen Aufbewahrungsdauer
Geschäftsleitung Sitzungsprotokolle, Entscheidungsdokumentation 10 Jahre
Aufenthalt Reisepässe, Visa, Mietverträge, Utility Bills 10 Jahre
Geschäftstätigkeit Verträge, E-Mails, Projektdokumentation 10 Jahre
Personal Arbeitsverträge, Gehaltsabrechnungen, Visa 10 Jahre

4. Minimierung deutscher Geschäftstätigkeiten

Jede Tätigkeit in Deutschland kann als Indiz für eine deutsche Betriebsstätte gewertet werden. Seien Sie deshalb extrem vorsichtig bei Deutschland-Aktivitäten.

Kritische Aktivitäten vermeiden:

  • Kundenakquise bei Deutschland-Reisen
  • Marketing-Kampagnen von Deutschland aus steuern
  • Vertragsverhandlungen in Deutschland führen
  • Deutsche Mitarbeiter ohne VAE-Arbeitserlaubnis beschäftigen

5. Professionelle Begleitung von Anfang an

Die Prüfung zeigt: Improvisation ist teuer. Professional Setup und laufende Compliance sind günstiger als nachträgliche Korrekturen.

Notwendige Expertise:

  • Dubai-Rechtsanwalt: Für VAE-Compliance und Economic Substance
  • Deutscher Steuerberater: Für deutsche Steueraspekte und Prüfungsbegleitung
  • IFRS-Wirtschaftsprüfer: Für ordnungsgemäße Buchführung nach internationalen Standards
  • Compliance-Service: Für laufende Überwachung aller Pflichten

Branchenspezifische Besonderheiten

E-Commerce und Online-Business

Digital Business sind besonders prüfungsanfällig, da die Wertschöpfung schwer lokalisierbar ist:

  • Server und technische Infrastruktur möglichst in den VAE betreiben
  • Content-Erstellung und Social Media aus Dubai steuern
  • Kundenservice und After-Sales komplett lokalisieren
  • Datenanalyse und Business Intelligence vor Ort durchführen

Beratung und Dienstleistungen

Service-Unternehmen haben oft den Vorteil größerer Flexibilität bei der Standortwahl:

  • Kundentermine möglichst in Dubai oder neutral (online) abhalten
  • Projektarbeit von Dubai aus koordinieren
  • Know-how-Transfer und Schulungen in den VAE durchführen
  • Internationale Kunden bevorzugt akquirieren

Präventive Maßnahmen: Dokumentation und Compliance von Anfang an

Eine deutsche Betriebsprüfung lässt sich nicht verhindern – aber Sie können sich optimal vorbereiten. Die folgenden Maßnahmen reduzieren Ihr Risiko erheblich.

Die 90-Tage-Regel: Sofortmaßnahmen nach Dubai-Umzug

Die ersten drei Monate nach Ihrem Dubai-Umzug sind entscheidend für die spätere Anerkennung. Deutsche Behörden prüfen besonders kritisch, ob der Umzug echt war oder nur formal.

Woche 1-2: Administrativer Setup

  1. Wohnsitz etablieren: Langfristigen Mietvertrag abschließen, nicht nur Hotel
  2. Utility Bills aktivieren: Strom, Wasser, Internet auf Ihren Namen
  3. Bankkonto eröffnen: Privatkonto bei UAE-Bank für Lebenshaltungskosten
  4. Krankenversicherung: Lokale Krankenversicherung abschließen

Woche 3-6: Geschäftlicher Setup

  1. Büro beziehen: Nicht nur Virtual Office, sondern tatsächliche Arbeitsplätze
  2. Lokales Personal: Mindestens eine Vollzeitkraft mit UAE-Arbeitserlaubnis
  3. IT-Infrastruktur: Computer, Server, Internet für die Geschäftstätigkeit
  4. Geschäftsprozesse: Operative Abläufe auf Dubai umstellen

Woche 7-12: Substanz aufbauen

  1. Kundenkommunikation: Alle Geschäfte von Dubai aus führen
  2. Entscheidungsprozesse: Board Meetings und strategische Entscheidungen in Dubai
  3. Marketing aktivieren: Dubai-Adresse in alle Unterlagen, Website, E-Mail-Signaturen
  4. Dokumentation starten: Alle Aktivitäten lückenlos dokumentieren

Das Compliance-Cockpit: Ihr Monitoring-System

Erfolgreiche Dubai-Strukturen haben ein systematisches Monitoring aller compliance-relevanten Kennzahlen. Hier Ihr Cockpit:

KPI Zielwert Kritischer Wert Monitoring-Frequenz
Aufenthaltstage Dubai >210 Tage <183 Tage Monatlich
Deutschland-Aufenthalt <90 Tage >183 Tage Monatlich
Geschäftsentscheidungen Dubai >90% <70% Quartalsweise
Lokale Mitarbeiter (FTE) 1 pro 500k Umsatz 1 pro 1 Mio Umsatz Halbjährlich
Deutschland-Umsätze <30% >70% Quartalsweise

Dokumentations-Checkliste: Was Sie sammeln müssen

Eine professionelle Dokumentation ist Ihre beste Verteidigung bei einer Prüfung. Diese Checkliste basiert auf den Anforderungen des geschilderten Falls:

Persönliche Dokumentation

  • ✓ Reisepass mit Ein-/Ausreisestempeln (lückenlos)
  • ✓ UAE Residence Visa und Emirates ID
  • ✓ Mietverträge und Utility Bills (Strom, Wasser, Internet)
  • ✓ Bankauszüge UAE-Konten (Nachweis Lebenshaltungskosten)
  • ✓ Krankenversicherungsnachweis UAE
  • ✓ Abmeldebescheinigung Deutschland

Geschäftliche Dokumentation

  • ✓ Commercial License und Free Zone License
  • ✓ Gesellschafterverträge und Amendments
  • ✓ Board Meeting Minutes (alle Sitzungen)
  • ✓ Büromietvertrag und Fotos der Räumlichkeiten
  • ✓ Arbeitsverträge lokaler Mitarbeiter
  • ✓ IFRS-Abschlüsse und Auditor Reports
  • ✓ VAE-Steuererklärungen (Corporate Tax ab 2023)
  • ✓ Economic Substance Report (ESR)

Operative Dokumentation

  • ✓ E-Mail-Kommunikation mit Zeitstempel und Standort
  • ✓ Vertragsabschlüsse mit Ort und Datum
  • ✓ Kundenmeeting-Protokolle
  • ✓ Reiseabrechnungen und Business-Reisen
  • ✓ Marketing-Aktivitäten und Campaign-Management
  • ✓ IT-System-Logs und Server-Standorte

Jahres-Compliance-Kalender

Strukturieren Sie Ihre Compliance-Aktivitäten über das gesamte Jahr. Diese Planung verhindert, dass wichtige Deadlines verpasst werden:

Monat Compliance-Aktivität Deadline Verantwortlich
Januar Aufenthaltstage Vorjahr dokumentieren 31.01. Geschäftsführer
März Jahresabschluss UAE fertigstellen 31.03. Auditor
April Economic Substance Report einreichen 30.04. Corporate Secretary
Juni Corporate Tax Return VAE 30.06. Tax Advisor
September Visa-Verlängerungen prüfen 30.09. HR
Dezember Compliance-Review und Planung 31.12. Management

Notfall-Playbook: Wenn die Prüfung kommt

Sollten Sie eine Prüfungsankündigung erhalten, ist schnelles und besonnenes Handeln gefragt:

Sofortmaßnahmen (Tag 1-3)

  1. Steuerberater informieren: Erfahrenen internationalen Steuerberater einschalten
  2. Dokumentation sichern: Alle relevanten Unterlagen sammeln und strukturieren
  3. Team briefen: Mitarbeiter über professionellen Umgang mit Prüfern informieren
  4. Dubai-Aufenthalt planen: Für Prüfungsdauer in Dubai bleiben

Mittel-fristige Maßnahmen (Woche 1-4)

  1. Dokumentation vervollständigen: Lücken schließen, Chronologie erstellen
  2. Substanz verstärken: Fehlende Economic Substance kurzfristig ausbauen
  3. Kommunikationsstrategie: Einheitliche Darstellung für alle Beteiligten
  4. Rechtsbeistand: Bei komplexen Fällen Fachanwalt hinzuziehen

Denken Sie daran: Eine Prüfung ist kein Weltuntergang, sondern eine Gelegenheit, die Professionalität Ihrer Struktur zu demonstrieren. Mit der richtigen Vorbereitung und transparenter Kommunikation lassen sich auch komplexe Fälle erfolgreich lösen.

Häufig gestellte Fragen zur deutschen Betriebsprüfung bei Dubai-Strukturen

Kann das deutsche Finanzamt überhaupt bei Dubai-Gesellschaften prüfen?

Ja, deutsche Finanzbehörden können deutsche Staatsbürger mit ausländischen Gesellschaften prüfen. Das geschieht besonders häufig, wenn Verdacht auf eine deutsche Betriebsstätte oder Scheinselbstständigkeit besteht. Der automatische Informationsaustausch (CRS) liefert den Behörden dabei die notwendigen Daten.

Wie lange dauert eine internationale Betriebsprüfung durchschnittlich?

Internationale Betriebsprüfungen dauern typischerweise 12-18 Monate, deutlich länger als reine Inlandsprüfungen. Die Komplexität der grenzüberschreitenden Sachverhalte und die Notwendigkeit, ausländische Unterlagen zu beschaffen und zu bewerten, verlängern den Prozess erheblich.

Was passiert, wenn Economic Substance nicht ausreichend nachgewiesen werden kann?

Bei unzureichender Economic Substance kann das deutsche Finanzamt eine deutsche Betriebsstätte oder sogar die vollständige deutsche Steuerpflicht feststellen. Das führt zu Nachzahlungen bei Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und möglicherweise auch Einkommensteuer für die Gesellschafter.

Können deutsche Prüfer tatsächlich vor Ort in Dubai prüfen?

Ja, deutsche Finanzbehörden können Vor-Ort-Prüfungen in Dubai durchführen, besonders bei komplexen Fällen mit hohen Steuerausfällen. Das geschieht über Amtshilfe-Verfahren mit den VAE-Behörden oder durch direkte Prüfungen mit Zustimmung des Steuerpflichtigen.

Wie hoch sind typische Nachzahlungen bei Dubai-Strukturprüfungen?

Die Nachzahlungen variieren stark je nach Substanzgrad und Geschäftsmodell. Bei partieller Anerkennung liegen sie oft zwischen 15-35% der Gesamtgewinne. Bei vollständiger Verwerfung können sie bis zu 45% erreichen (deutsche Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag).

Welche Rolle spielt der automatische Informationsaustausch (CRS)?

CRS ist oft der Auslöser für Prüfungen. Deutsche Finanzbehörden erhalten automatisch Informationen über Bankkonten und Gesellschaftsbeteiligungen deutscher Staatsbürger in den VAE. Auffällige Muster wie hohe Kontostände oder Gewinnausschüttungen führen häufig zu Prüfungsverfahren.

Kann man eine deutsche Betriebsprüfung bei Dubai-Strukturen verhindern?

Verhindern lässt sich eine Prüfung nicht, aber das Risiko minimieren. Entscheidend sind: vollständige Verlagerung der Geschäftstätigkeit, substanzielle lokale Präsenz, lückenlose Dokumentation und Vermeidung deutscher Geschäftstätigkeiten. Eine professionelle Struktur reduziert sowohl Prüfungswahrscheinlichkeit als auch mögliche Nachzahlungen.

Was kostet die Begleitung einer internationalen Betriebsprüfung?

Die professionelle Begleitung kostet typischerweise 25.000-75.000 Euro, abhängig von Komplexität und Dauer. Das klingt viel, kann aber Nachzahlungen im sechsstelligen Bereich verhindern. Gute Begleitung amortisiert sich meist schon durch die bessere Verhandlungsposition gegenüber den Prüfern.

Sind Bußgelder bei internationalen Steuerstrukturen üblich?

Bußgelder fallen nur bei nachweisbarem Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit an. Bei professionell aufgesetzten Dubai-Strukturen mit ordnungsgemäßer Dokumentation sind Bußgelder selten. Die meisten Verfahren enden mit Nachzahlungen und Zinsen, aber ohne Sanktionen.

Wie wirkt sich die neue UAE Corporate Tax auf deutsche Prüfungen aus?

Die Einführung der UAE Corporate Tax ab 2023 stärkt die Anerkennung von Dubai-Strukturen aus deutscher Sicht. Unternehmen, die in den VAE steuerpflichtig sind und Steuern zahlen, gelten als substantieller. Das reduziert das Risiko einer kompletten Verwerfung durch deutsche Behörden erheblich.

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