Inhaltsverzeichnis
- Was löst eine Steuerfahndung bei VAE-Strukturen aus?
- Ihre Rechte während einer Steuerfahndung
- Verhaltensregeln bei Ermittlungen: Was Sie tun und lassen sollten
- Risiken und rechtliche Konsequenzen
- Präventive Maßnahmen und Compliance
- Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungen
- FAQ: Häufige Fragen zur Steuerfahndung bei VAE-Strukturen
Die Klingel an einem Dienstagmorgen um 6 Uhr. Drei Beamte der Steuerfahndung stehen vor Ihrer Tür.
Für viele Unternehmer mit VAE-Strukturen ist dies mehr als nur ein Albtraum – es wird zunehmend zur Realität. Die deutschen Finanzbehörden haben ihre Ermittlungstätigkeit bei Dubai-Gesellschaften und anderen VAE-Strukturen in den letzten Jahren massiv intensiviert.
Dabei stehen Sie als Betroffener oft vor einem Dilemma. Einerseits haben Sie vermutlich rechtskonform gehandelt und eine legitime Geschäftsstruktur aufgebaut. Andererseits kennen Sie Ihre Rechte und die korrekte Vorgehensweise bei einer Steuerfahndung möglicherweise nicht.
Dieser Beitrag gibt Ihnen eine rechtliche Einordnung an die Hand und zeigt konkrete Verhaltensregeln auf. Dabei ersetzen diese Informationen keinesfalls die Beratung durch einen spezialisierten Steuerstrafrechtler – sie sollen Ihnen jedoch helfen, die ersten kritischen Stunden richtig zu navigieren.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und kann diese nicht ersetzen. Bei konkreten steuerstrafrechtlichen Ermittlungen sollten Sie umgehend einen spezialisierten Anwalt konsultieren.
Was löst eine Steuerfahndung bei VAE-Strukturen aus?
Die deutsche Steuerfahndung wird nicht zufällig aktiv. Bestimmte Muster und Verdachtsmomente führen dazu, dass die Behörden VAE-Strukturen genauer unter die Lupe nehmen.
Verstehen Sie diese Auslöser, können Sie präventiv handeln und kritische Situationen vermeiden.
Typische Verdachtsmomente aus Sicht der deutschen Finanzbehörden
Die Steuerfahndung orientiert sich an wiederkehrenden Mustern, die auf eine mögliche Steuerhinterziehung hindeuten könnten. Bei VAE-Strukturen sind dies insbesondere:
- Fehlende wirtschaftliche Substanz: Wenn die Dubai-Gesellschaft nur auf dem Papier existiert, aber keine echten Geschäftstätigkeiten vor Ort stattfinden
- Scheingeschäftsführung: Deutsche Unternehmer, die faktisch alle Entscheidungen treffen, aber formal nicht als Geschäftsführer auftreten
- Unrealistische Gewinnverschiebungen: Wenn plötzlich der gesamte Gewinn in Dubai anfällt, ohne entsprechende Wertschöpfung vor Ort
- Widersprüchliche Angaben: Unterschiedliche Aussagen in deutschen und emiratischen Unterlagen
- Auffällige Geldströme: Regelmäßige private Entnahmen oder Darlehen zwischen der VAE-Gesellschaft und deutschen Privatpersonen
Ein konkretes Beispiel: Ein Software-Entwickler aus München gründet eine Dubai-Gesellschaft, arbeitet jedoch weiterhin hauptsächlich von Deutschland aus. Die Gesellschaft erwirtschaftet hohe Gewinne, hat aber nur einen angestellten Geschäftsführer vor Ort.
Solche Konstruktionen erregen fast zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Behörden.
Automatischer Informationsaustausch und seine Folgen
Seit 2018 tauschen die VAE automatisch Kontoinformationen mit Deutschland aus (Common Reporting Standard – CRS). Dies bedeutet: Die deutschen Behörden erhalten jährlich detaillierte Informationen über Ihre Konten und Gesellschaften in den Emiraten.
Der automatische Informationsaustausch umfasst:
Information | Details | Übermittlung |
---|---|---|
Kontodaten | Kontostände, Zinserträge, Dividenden | Jährlich im September |
Gesellschaftsstrukturen | Wirtschaftlich Berechtigte, Geschäftsführer | Bei Änderungen |
Immobilienbesitz | Kaufpreise, Mieteinnahmen | Bei Transaktionen |
Versicherungen | Lebensversicherungen mit Kapitalwert | Jährlich |
Diese Daten werden automatisch mit Ihren deutschen Steuererklärungen abgeglichen. Unstimmigkeiten können Ermittlungen auslösen.
Besonders kritisch wird es, wenn Sie als steuerlicher Resident Deutschlands hohe Kontostände in Dubai haben, aber nur geringe Einkünfte in Deutschland deklarieren.
Substanzpflichten als häufiger Stolperstein
Die Economic Substance Regulations (ESR) der VAE verlangen seit 2019 von bestimmten Gesellschaften den Nachweis echter wirtschaftlicher Aktivitäten. Verstöße gegen diese Regelungen werden ebenfalls an deutsche Behörden gemeldet.
Kritische Geschäftsaktivitäten unter ESR sind:
- Banking- und Versicherungsgeschäfte
- Holding-Aktivitäten
- Geistiges Eigentum (IP-Holding)
- Schifffahrt
- High-Risk-IP-Geschäfte
- Dienstleistungsunternehmen
- Distributionsgeschäfte
Wenn Ihre Dubai-Gesellschaft diese Aktivitäten ausübt, aber die Substanzanforderungen nicht erfüllt, drohen nicht nur Strafen in den VAE. Die deutschen Behörden werden informiert und können eigene Ermittlungen einleiten.
Die Substanzpflichten umfassen konkret: ausreichende Mitarbeiter, angemessene Betriebsausgaben, physische Präsenz und Geschäftsführung vor Ort.
Ihre Rechte während einer Steuerfahndung
Als Beschuldigter oder Betroffener einer Steuerfahndung haben Sie fundamentale Rechte. Diese zu kennen und richtig auszuüben, kann entscheidend für den Verlauf des Verfahrens sein.
Dabei ist wichtig: Ihre Rechte gelten auch bei komplexen internationalen Sachverhalten wie VAE-Strukturen uneingeschränkt.
Grundrechte und Verfahrensgarantien
Das deutsche Strafverfahrensrecht räumt Ihnen als Beschuldigtem umfassende Schutzrechte ein. Diese gelten auch im Steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren vollumfänglich.
Ihre wichtigsten Rechte auf einen Blick:
- Recht auf anwaltlichen Beistand: Sie dürfen jederzeit einen Anwalt hinzuziehen und Rücksprache halten
- Aussageverweigerungsrecht: Sie müssen keine belastenden Angaben machen
- Recht auf Belehrung: Die Beamten müssen Sie über Ihre Rechte informieren
- Akteneinsichtsrecht: Ihr Anwalt kann die Ermittlungsakte einsehen (nach Abschluss der Ermittlungen)
- Beschlagnahmeschutz: Bestimmte Unterlagen genießen besonderen Schutz
Besonders bei internationalen Strukturen ist das Recht auf anwaltlichen Beistand von enormer Bedeutung. Die Komplexität des Internationalen Steuerrechts macht eine fachkundige Beratung praktisch unverzichtbar.
Ein häufiger Fehler: Viele Betroffene glauben, durch Kooperation und vollständige Offenlegung ihre Unschuld beweisen zu können. Dies kann jedoch in komplexen Fällen kontraproduktiv sein.
Aussageverweigerungsrecht und Belehrungspflichten
Das Aussageverweigerungsrecht ist Ihr wichtigstes Schutzinstrument. Sie sind nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten oder Fragen zu beantworten, die Sie in ein schlechtes Licht rücken könnten.
Die Belehrung durch die Ermittlungsbeamten muss folgende Punkte umfassen:
- Vorwurf der Straftat: Welcher konkrete Verdacht besteht
- Aussageverweigerungsrecht: Sie müssen nicht aussagen
- Anwaltsrecht: Sie dürfen einen Verteidiger konsultieren
- Belastungsverbot: Sie müssen sich nicht selbst belasten
Wird diese Belehrung fehlerhaft oder unvollständig durchgeführt, können spätere Verwertungsverbote entstehen. Achten Sie daher genau darauf, dass alle Punkte angesprochen werden.
Bei VAE-Strukturen sind die Vorwürfe oft komplex: Steuerhinterziehung, Beihilfe zur Steuerhinterziehung, leichtfertige Steuerverkürzung oder Steuerhehlerei. Lassen Sie sich jeden einzelnen Vorwurf genau erklären.
Praxis-Tipp: Bitten Sie um eine schriftliche Darstellung der Vorwürfe. Dies verschafft Ihnen Zeit und verhindert Missverständnisse.
Anwaltsprivileg und Mandantenschutz
Die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Anwalt ist besonders geschützt. Dieser Schutz erstreckt sich auch auf internationale Beratungsverhältnisse.
Folgende Unterlagen und Kommunikationswege sind grundsätzlich geschützt:
Geschützte Bereiche | Umfang des Schutzes | Ausnahmen |
---|---|---|
Anwaltskommunikation | E-Mails, Briefe, Gespräche | Nur bei Anwaltsstraftat |
Beratungsunterlagen | Strategiepapiere, Rechtsgutachten | Keine |
Mandantenakten | Beim Anwalt verwahrt | Staatsanwaltschaftliche Durchsuchung mit Beschluss |
Telefonate | Gespräche mit Anwalt | Abhörmaßnahmen gegen Anwalt |
Wichtig bei internationalen Strukturen: Auch die Beratung durch emiratische oder andere ausländische Anwälte kann unter bestimmten Umständen schutzwürdig sein.
Wenn Sie bereits vor der Durchsuchung anwaltlich beraten wurden, sollten Sie dies den Ermittlungsbeamten mitteilen. Entsprechende Unterlagen können dann aussortiert und gesondert verwahrt werden.
Beachten Sie jedoch: Der Schutz gilt nur für genuine Anwaltstätigkeiten. Reine Steuerberatung oder wirtschaftliche Beratungsleistungen sind weniger stark geschützt.
Verhaltensregeln bei Ermittlungen: Was Sie tun und lassen sollten
Die ersten Stunden einer Steuerfahndung entscheiden oft über den weiteren Verlauf des Verfahrens. Richtiges Verhalten kann spätere Probleme vermeiden – falsches Verhalten diese verstärken.
Dabei gilt: Höflichkeit und Kooperation sind wichtig, aber Sie müssen sich nicht selbst schaden.
Die ersten 24 Stunden: Sofortmaßnahmen
Wenn die Steuerfahndung vor Ihrer Tür steht, sollten Sie folgende Schritte in dieser Reihenfolge befolgen:
- Ruhe bewahren: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen
- Durchsuchungsbeschluss verlangen: Bitten Sie um Vorlage und lesen Sie ihn sorgfältig
- Anwalt kontaktieren: Telefonieren Sie umgehend mit einem Steuerstrafrechtler
- Schweigen: Machen Sie keine spontanen Äußerungen zum Sachverhalt
- Beobachten und dokumentieren: Merken Sie sich, was mitgenommen wird
Der Durchsuchungsbeschluss gibt Ihnen wichtige Informationen über die konkreten Vorwürfe und den Umfang der Ermittlungen. Achten Sie besonders auf:
- Die beschuldigten Straftaten (§§ 370, 378 AO und andere)
- Den Durchsuchungszeitraum und -umfang
- Welche Gegenstände und Unterlagen gesucht werden
- Ob auch elektronische Daten erfasst sind
Wichtig: Die Beamten dürfen nur das mitnehmen, was im Beschluss aufgeführt ist oder in direktem Zusammenhang mit den Vorwürfen steht.
Bei VAE-Strukturen wird oft auch nach Unterlagen zu Reisen, Aufenthalten in Dubai, Geschäftstätigkeiten vor Ort und Kommunikation mit emiratischen Beratern gesucht.
Kommunikation mit den Ermittlern
Der Umgang mit den Ermittlungsbeamten erfordert eine ausgewogene Herangehensweise. Sie sollten höflich und respektvoll sein, aber keine inhaltlichen Angaben machen.
Geeignete Antworten auf typische Fragen:
Frage der Beamten | Empfohlene Antwort | Vermeiden Sie |
---|---|---|
Haben Sie eine Gesellschaft in Dubai? | Ich möchte von meinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. | Spontane Bestätigung oder Verneinung |
Wo sind die Unterlagen zu XY? | Das bespreche ich mit meinem Anwalt. | Hilfeleistung bei der Suche |
Können Sie uns die Passwörter geben? | Das kläre ich mit meinem Anwalt. | Direkte Herausgabe |
Wer ist Ihr Steuerberater in Dubai? | Ich sage dazu erst nach anwaltlicher Beratung etwas. | Namen und Kontaktdaten preisgeben |
Besonders bei internationalen Strukturen versuchen Ermittler oft, durch scheinbar harmlose Fragen wichtige Informationen zu erlangen. Aussagen wie Das ist doch ganz normal oder Das machen viele so können später gegen Sie verwendet werden.
Ein bewährter Standardsatz: Ich möchte mich erst mit meinem Anwalt beraten, bevor ich dazu Stellung nehme.
Dokumentenherausgabe und Kooperationspflichten
Sie sind grundsätzlich verpflichtet, die Durchsuchung zu dulden und nicht zu behindern. Eine aktive Mithilfe bei der Suche nach belastenden Unterlagen sind Sie jedoch nicht schuldig.
Bei der Dokumentenherausgabe sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Passwörter: Die Herausgabe kann verweigert werden, wenn Sie sich dadurch selbst belasten würden
- Elektronische Daten: Smartphones und Computer können komplett kopiert werden
- Cloud-Speicher: Auch Online-Zugriffe können verlangt werden
- Ausländische Unterlagen: Auch emiratische Dokumente müssen herausgegeben werden
- Anwaltskorrespondenz: Diese sollten Sie gesondert kennzeichnen
Ein kritischer Punkt bei VAE-Strukturen: Viele Unternehmer haben wichtige Dokumente in Cloud-Speichern oder bei emiratischen Beratern hinterlegt. Teilen Sie den Ermittlern nicht proaktiv mit, wo weitere Unterlagen zu finden sind.
Wenn Sie Geschäftspartner oder Berater in Dubai warnen möchten, tun Sie dies nicht während der Durchsuchung. Dies könnte als Verdunkelungshandlung gewertet werden.
Dokumentieren Sie selbst, was mitgenommen wird. Sie haben Anspruch auf ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände.
Risiken und rechtliche Konsequenzen
Eine Steuerfahndung bei VAE-Strukturen kann weitreichende Folgen haben. Diese gehen oft über die rein steuerlichen Aspekte hinaus und betreffen auch Ihr Geschäft und Ihren Ruf.
Ein realistisches Verständnis der möglichen Konsequenzen hilft Ihnen, angemessen zu reagieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Strafsteuerliche Risiken bei VAE-Strukturen
Die strafrechtlichen Vorwürfe bei VAE-Strukturen sind vielfältig und können sich in verschiedenen Tatbeständen manifestieren. Dabei sind die Übergänge zwischen fahrlässigem Fehlverhalten und vorsätzlicher Steuerhinterziehung oft fließend.
Die häufigsten Straftatbestände im Überblick:
Straftatbestand | Strafrahmen | Typische Fälle bei VAE-Strukturen |
---|---|---|
Steuerhinterziehung (§ 370 AO) | Bis 5 Jahre oder Geldstrafe | Verschweigen der wirtschaftlichen Berechtigung |
Besonders schwere Steuerhinterziehung | 6 Monate bis 10 Jahre | Hinterziehung über 1 Mio. € oder gewerbsmäßig |
Leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) | Bis 50.000 € Geldbuße | Fehlerhafte Beratung bei Substanzpflichten |
Beihilfe zur Steuerhinterziehung | Wie Haupttat | Unterstützung bei Scheinstrukturen |
Bei VAE-Strukturen sind besonders folgende Verhaltensweisen strafbar:
- Verschweigen der Geschäftsführertätigkeit: Wenn Sie faktisch die Dubai-Gesellschaft führen, aber als steuerlicher Inländer keine Einkünfte deklarieren
- Scheinausschüttungen: Wenn Sie Gelder der Gesellschaft privat verwenden, dies aber nicht als Einkünfte versteuern
- Fehlende CFC-Besteuerung: Bei kontrollierten ausländischen Gesellschaften kann eine Besteuerung in Deutschland anfallen
- Falsche Substanzdarstellung: Wenn Sie gegenüber deutschen Behörden eine nicht existente Geschäftstätigkeit in Dubai behaupten
Ein konkretes Beispiel aus der Praxis: Ein Berater aus Hamburg gründet eine Dubai-Gesellschaft und verlagert formal seine gesamte Beratungstätigkeit dorthin. Faktisch arbeitet er jedoch weiterhin hauptsächlich von Deutschland aus und betreut deutsche Klienten. Die Gesellschaft in Dubai hat nur einen angestellten Geschäftsführer ohne relevante Qualifikation.
In einem solchen Fall könnte die Finanzverwaltung argumentieren, dass die Dubai-Gesellschaft nur ein Scheingebilde ist und alle Einkünfte in Deutschland zu versteuern sind.
Zivilrechtliche Nachzahlungen und Zinsen
Neben den strafrechtlichen Konsequenzen drohen erhebliche finanzielle Belastungen durch Steuernachzahlungen, Zinsen und Säumniszuschläge.
Die finanziellen Risiken im Detail:
- Steuernachzahlung: Die gesamte nicht deklarierte Steuer muss nachgezahlt werden
- Zinsen: 6% pro Jahr ab Fälligkeit der ursprünglichen Steuer (§ 233a AO)
- Säumniszuschläge: Bei verspäteter Zahlung zusätzlich 1% pro Monat
- Strafzinsen: Bei nachgewiesener Hinterziehung 20% der hinterzogenen Steuer
- Verfahrenskosten: Kosten für Ermittlungen, Gerichtsverfahren und anwaltliche Vertretung
Ein Rechenbeispiel verdeutlicht die Tragweite: Bei einer hinterzogenen Steuer von 500.000 € über einen Zeitraum von 5 Jahren entstehen allein durch Zinsen zusätzliche Kosten von 150.000 €. Hinzu kommen Strafzinsen von 100.000 € und gegebenenfalls Anwalts- und Gerichtskosten.
Besonders tückisch: Die Zinsen beginnen ab dem ursprünglichen Fälligkeitstermin zu laufen, nicht erst ab der Entdeckung der Steuerhinterziehung.
Bei komplexen internationalen Strukturen können die Nachzahlungen besonders hoch ausfallen, da oft mehrere Jahre betroffen sind und die Beträge durch Gewinnthesaurierung in der ausländischen Gesellschaft kontinuierlich anwachsen.
Reputationsschäden und geschäftliche Auswirkungen
Eine Steuerfahndung hat oft Konsequenzen, die weit über die direkten rechtlichen und finanziellen Folgen hinausgehen. Der Reputationsschaden kann besonders für Unternehmer mit deutschsprachiger Kundschaft verheerend sein.
Typische geschäftliche Auswirkungen:
- Verlust von Geschäftspartnern: Kunden und Lieferanten werden vorsichtig
- Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe: Banken bewerten das Risiko neu
- Probleme bei Geschäftskonten: Banken können Konten kündigen oder sperren
- Mediale Aufmerksamkeit: Bei größeren Verfahren droht negative Presse
- Mitarbeiterverunsicherung: Das Team kann das Vertrauen verlieren
- Visa-Probleme: Strafverfahren können sich auf Aufenthaltstitel auswirken
Für Coaches, Berater und andere personengebundene Dienstleister kann ein Steuerverfahren das Ende der Geschäftstätigkeit bedeuten. Das Vertrauen der Klienten ist oft unwiederbringlich zerstört.
Auch die VAE-Struktur selbst kann Schaden nehmen: Emiratische Behörden können bei deutschen Steuerverfahren eine Überprüfung der Economic Substance-Compliance einleiten.
Ein wichtiger Aspekt: Selbst bei einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens bleiben Reputationsschäden oft bestehen. Die öffentliche Wahrnehmung unterscheidet selten zwischen Anklage und Verurteilung.
Präventive Maßnahmen und Compliance
Die beste Strategie im Umgang mit der deutschen Steuerfahndung ist es, erst gar nicht in deren Fokus zu geraten. Durch ordnungsgemäße Strukturierung und laufende Compliance können Sie das Risiko von Ermittlungen erheblich reduzieren.
Dabei geht es nicht nur um formale Anforderungen, sondern um eine substanzielle und nachvollziehbare Geschäftstätigkeit in den VAE.
Ordnungsgemäße Dokumentation und Substanznachweis
Der Nachweis echter wirtschaftlicher Substanz ist das Fundament einer rechtssicheren VAE-Struktur. Dabei reicht es nicht, die Mindestanforderungen zu erfüllen – Sie müssen ein schlüssiges Gesamtbild schaffen.
Wesentliche Elemente der Substanzdokumentation:
- Geschäftsräume: Angemessene Büroräume mit echter Nutzung, nicht nur eine Postadresse
- Qualifizierte Mitarbeiter: Angestellte mit relevanten Qualifikationen und Entscheidungsbefugnissen
- Geschäftstätigkeit vor Ort: Dokumentierte Aktivitäten, Meetings, Vertragsabschlüsse in Dubai
- Ordnungsgemäße Buchführung: IFRS-konforme Buchhaltung mit detaillierten Aufzeichnungen
- Board-Meetings: Regelmäßige Geschäftsführersitzungen mit Protokollen
- Compliance-System: Dokumentierte Prozesse für ESR, AML und andere Anforderungen
Ein praktisches Beispiel für angemessene Substanz: Ein E-Commerce-Unternehmer verlagert die Entwicklung seiner Software und das Marketing nach Dubai. Er stellt dort drei qualifizierte Entwickler ein, mietet ein vollwertiges Büro und führt die Gesellschaft hauptsächlich von Dubai aus.
Die Dokumentation sollte folgende Aspekte umfassen:
Bereich | Dokumentation | Aufbewahrungsdauer |
---|---|---|
Geschäftsräume | Mietverträge, Fotos, Facility-Rechnungen | Dauerhaft |
Mitarbeiter | Arbeitsverträge, Qualifikationsnachweise, Gehaltsabrechnungen | 10 Jahre |
Geschäftstätigkeit | Verträge, E-Mails, Reiseaufzeichnungen | 10 Jahre |
Buchführung | Vollständige IFRS-Bücher, Belege | 10 Jahre |
Kritisch wird es, wenn deutsche Ermittler nachweisen können, dass die vermeintliche Geschäftstätigkeit in Dubai nur vorgetäuscht ist. Daher ist Konsistenz in der Dokumentation entscheidend.
Steuerliche Beratung und laufende Compliance
Internationales Steuerrecht entwickelt sich schnell weiter. Regelmäßige fachkundige Beratung ist nicht nur empfehlenswert – sie ist praktisch unverzichtbar für eine rechtssichere Struktur.
Ihre Beratungsstruktur sollte folgende Experten umfassen:
- Deutscher Steuerberater: Spezialist für Außensteuerrecht und CFC-Rules
- Emiratischer Steuerberater: Experte für lokales Recht und ESR-Compliance
- Rechtsanwalt: Spezialist für Steuerstrafrerecht und Compliance
- Corporate Service Provider: Für laufende Gesellschaftsführung und Meldepflichten
Die laufende Compliance umfasst insbesondere:
- Monatliche Buchhaltung: IFRS-konforme Buchführung mit detaillierten Aufzeichnungen
- Quartalsweise Überprüfung: ESR-Compliance und Substanznachweis
- Jährliche Steuererklärungen: In Deutschland und den VAE
- CRS-Meldungen: Automatischer Informationsaustausch
- Transfer Pricing: Dokumentation bei konzerninternen Geschäften
Ein häufiger Fehler: Viele Unternehmer sparen an der laufenden Beratung und geraten dadurch in Compliance-Probleme. Die Kosten für präventive Beratung sind minimal im Vergleich zu den Risiken eines Steuerverfahrens.
Besonders wichtig: Die Beratung sollte interdisziplinär erfolgen. Deutsche und emiratische Berater müssen koordiniert arbeiten, um Widersprüche zu vermeiden.
Notfallplan für den Ernstfall
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen sollten Sie für den Fall einer Steuerfahndung vorbereitet sein. Ein durchdachter Notfallplan kann entscheidende Zeit sparen und Fehler vermeiden.
Ihr Notfallplan sollte folgende Elemente enthalten:
- Anwaltsliste: Kontaktdaten von 2-3 spezialisierten Steuerstrafrechtlern
- Dokumentenverzeichnis: Übersicht über wichtige Unterlagen und deren Aufbewahrungsort
- Kommunikationsplan: Wer muss informiert werden (Familie, Geschäftspartner, Mitarbeiter)
- Vollmachten: Für Anwalt und Vertrauenspersonen
- Liquiditätsreserve: Zugriff auf Geld für Anwalts- und Verfahrenskosten
Spezielle Überlegungen für VAE-Strukturen:
- Emiratische Berater informieren: Abstimmung der Kommunikation
- Visa-Status prüfen: Auswirkungen auf Aufenthaltserlaubnis
- Geschäftstätigkeit sichern: Wie kann das Business weiterlaufen?
- Medienplan: Umgang mit möglicher Öffentlichkeit
Wichtig: Der Notfallplan sollte regelmäßig aktualisiert und mit Ihrem Anwalt besprochen werden. Was in der Theorie funktioniert, kann in der Praxis anders aussehen.
Ein praktischer Tipp: Bewahren Sie eine Kopie wichtiger Dokumente außerhalb Ihrer üblichen Geschäftsräume auf. Bei einer Durchsuchung haben Sie dann Zugriff auf wesentliche Informationen.
Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungen
Das Recht rund um internationale Steuergestaltungen entwickelt sich rasant weiter. Neue Urteile und gesetzliche Regelungen können die Beurteilung Ihrer VAE-Struktur erheblich beeinflussen.
Ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen hilft Ihnen, rechtzeitig gegenzusteuern und Ihre Compliance anzupassen.
Relevante Urteile zu VAE-Strukturen
Die deutsche Rechtsprechung zu VAE-Strukturen ist noch überschaubar, aber es zeichnen sich bereits wichtige Trends ab. Die Gerichte betonen durchgängig die Bedeutung echter wirtschaftlicher Substanz.
- Echte Geschäftstätigkeit erforderlich: Reine Briefkastenfirmen werden konsequent durchgegriffen
- Qualifizierte Geschäftsleitung: Der Geschäftsführer muss echte Entscheidungsbefugnisse haben
- Angemessene Personalausstattung: Die Mitarbeiterzahl muss zur Geschäftstätigkeit passen
- Dokumentationspflichten: Alle wesentlichen Entscheidungen müssen vor Ort getroffen und dokumentiert werden
- Transfer Pricing: Konzernverträge müssen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen
Ein aktuelles Beispiel aus der Praxis: Ein Software-Entwickler gründete eine Dubai-Gesellschaft und verlagerte formal die Entwicklungstätigkeit dorthin. Ein Finanzgericht entschied jedoch, dass die faktische Entwicklungsarbeit weiterhin in Deutschland stattfand, da der Entwickler von seinem Homeoffice in Berlin arbeitete.
Diese Rechtsprechung zeigt: Die formale Verlagerung einer Geschäftstätigkeit reicht nicht aus. Es muss eine echte, substantielle Verlagerung stattfinden.
Neue gesetzliche Regelungen und deren Auswirkungen
Auf nationaler und internationaler Ebene wurden in den letzten Jahren zahlreiche Gesetze verabschiedet, die VAE-Strukturen betreffen. Diese Entwicklungen sollten Sie genau verfolgen.
Wichtige gesetzliche Neuerungen:
- OECD Pillar Two (2024): Globale Mindeststeuer von 15% für Konzerne ab 750 Mio. € Umsatz
- DAC 6 (erweitert 2023): Erweiterte Meldepflichten für Steuergestaltungen
- AML-Richtlinie (2024): Verschärfte Compliance-Anforderungen
- Economic Substance Regulations (laufend): Kontinuierliche Verschärfungen in den VAE
- CRS-Erweiterung (2025): Ausweitung auf weitere Vermögenswerte
Die OECD Pillar Two-Regelung ist besonders relevant für größere Strukturen. Auch wenn die meisten VAE-Gesellschaften unter der Schwelle von 750 Mio. € Umsatz liegen, können sie als Teil einer Konzernstruktur betroffen sein.
DAC 6 verpflichtet Berater zur Meldung bestimmter grenzüberschreitender Steuergestaltungen. Dies umfasst auch viele VAE-Strukturen, besonders wenn sie steuerliche Vorteile bieten.
Die praktischen Auswirkungen für Sie:
- Erhöhte Transparenz: Mehr Informationen werden automatisch zwischen Staaten ausgetauscht
- Strengere Substanzanforderungen: Die VAE verschärfen kontinuierlich ihre ESR-Anforderungen
- Meldepflichten: Ihre Berater müssen bestimmte Strukturen melden
- Compliance-Kosten: Die Anforderungen werden komplexer und teurer
Ein konkretes Beispiel: Seit 2024 müssen VAE-Gesellschaften mit IP-Holding-Aktivitäten nachweisen, dass sie das geistige Eigentum selbst entwickelt oder wesentlich verbessert haben (DEMPE-Funktionen). Dies betrifft viele deutsche Unternehmer, die ihre Marken oder Software in Dubai halten.
Für die Zukunft ist zu erwarten:
- Weitere OECD-Initiativen: Verschärfung der internationalen Kooperation
- EU-Richtlinien: Mögliche Anti-Tax-Avoidance-Maßnahmen
- VAE-Entwicklungen: Kontinuierliche Anpassung an internationale Standards
- Digitalisierung: Automatisierte Überwachung und Auswertung
Die Botschaft ist klar: Internationale Steuergestaltungen werden zunehmend transparenter und regulierter. Nur substanzielle, compliance-konforme Strukturen haben langfristig Bestand.
FAQ: Häufige Fragen zur Steuerfahndung bei VAE-Strukturen
Kann ich verhaftet werden, wenn die Steuerfahndung kommt?
Eine Verhaftung bei einer Durchsuchung ist grundsätzlich möglich, aber eher selten. Sie erfolgt nur, wenn Fluchtgefahr besteht oder Sie die Ermittlungen behindern. Bei kooperativem Verhalten und ohne Fluchtgefahr bleiben Sie in der Regel auf freiem Fuß.
Muss ich meine Dubai-Gesellschaft sofort auflösen?
Nein, eine laufende Steuerfahndung bedeutet nicht, dass Ihre VAE-Struktur illegal ist. Warten Sie die Ermittlungen ab und treffen Sie keine übereilten Entscheidungen. Eine vorschnelle Auflösung könnte sogar als Verdunkelungshandlung gewertet werden.
Werden meine Konten in Dubai gesperrt?
Deutsche Behörden können nicht direkt VAE-Konten sperren. Allerdings können sie über Rechtshilfeersuchen entsprechende Maßnahmen beantragen. Dies dauert jedoch in der Regel mehrere Monate und erfordert konkrete Verdachtsmomente.
Kann ich während der Ermittlungen nach Dubai reisen?
Sofern keine Ausreisesperre verhängt wurde, können Sie grundsätzlich reisen. Allerdings sollten Sie längere Aufenthalte mit Ihrem Anwalt abstimmen, da dies die Ermittlungen beeinflussen könnte.
Was passiert mit meinen Geschäftspartnern und Kunden?
Die Ermittlungen können sich auf Ihr gesamtes Geschäftsumfeld auswirken. Geschäftspartner könnten als Zeugen befragt werden. Informieren Sie wichtige Partner diskret über die Situation, aber treffen Sie keine Absprachen über Aussagen.
Wie lange dauern solche Ermittlungen normalerweise?
Steuerstrafrechtliche Ermittlungen bei internationalen Strukturen dauern oft 1-3 Jahre. Bei komplexen Fällen kann es auch länger werden. Die Dauer hängt von der Kooperationsbereitschaft und der Komplexität des Falls ab.
Kann ich eine Selbstanzeige stellen?
Eine Selbstanzeige ist nur bis zum Beginn der Ermittlungen möglich. Sobald die Steuerfahndung aktiv wird, ist es dafür zu spät. In Einzelfällen kann jedoch eine tätige Reue strafmildernd wirken.
Welche Kosten kommen auf mich zu?
Neben den möglichen Steuernachzahlungen müssen Sie mit erheblichen Anwalts- und Verfahrenskosten rechnen. Je nach Komplexität können diese 50.000-200.000 € betragen. Eine Rechtsschutzversicherung hilft meist nicht bei Steuerstrafverfahren.
Kann ich mein Unternehmen während der Ermittlungen weiterführen?
Grundsätzlich ja, sofern keine Geschäftsführungsverbote verhängt werden. Allerdings können Banken Konten kündigen und Geschäftspartner das Vertrauen verlieren. Planen Sie entsprechende Notfallmaßnahmen.
Wird meine Familie in die Ermittlungen einbezogen?
Familienangehörige können als Zeugen befragt werden, besonders wenn sie in die Geschäftstätigkeit eingebunden sind oder Vollmachten haben. Ehepartner haben ein Zeugnisverweigerungsrecht, Kinder ab 14 Jahren können zur Aussage verpflichtet werden.